Den biobasierten Kohlenstoffanteil in Kraftstoffen mittels ASTM D6866 messen

Biobased

ASTM D6866 ist das Standardtestverfahren, um den biobasierten/biogenen Kohlenstoffanteil in festen, flüssigen und gasförmigen Proben mittels der Radiokohlenstoff Analyse zu bestimmen. Die Methode wurde von ASTM International (ehemals American Society for Testing and Materials) entwickelt. ASTM D6866 ist eine sehr gute analytische Methode für die Analyse von verschiedenen Biokraftstoffen, da sie auf alle Arten von Proben angewendet werden kann.

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ASTM D6866 wurde erstmals im Jahr 2004 veröffentlicht. Mehrere Versionen wurden seitdem publiziert – ASTM D6866-04, ASTM D6866-04a, ASTM D6866-05, ASTM D6866-06, ASTM D6866-06a, ASTM D6866-08, ASTM D6866-10, ASTM D6866-11, ASTM D6866-12, ASTM D6866-16, ASTM D6866-18, ASTM D6866-20 und ASTM D6866-21. ASTM D6866-22 ist seit März 2022 die aktuelle Version des Standards.

Die Methode der Radiokohlenstoff-Datierung mag zuerst als Werkzeug in der Archäologie und anderen fossilen Studien Anwendung gefunden haben, allerdings änderte sich dies, als man begann die Methode für die Quantifizierung der biogenen Anteile in biobasierten Materialien zu verwenden.

Um darzustellen, wie ASTM D6866 auf eine Prüfung von Biokraftstoffen angewendet wird, verwenden wir Biodiesel als Beispiel (Erklärung unten).

ASTM D6866 Ergebnisse und Interpretation

Die Verwendung von ASTM D6866, um den Anteil von Biodiesel in einem Gemisch zu bestimmen basiert auf den gleichen Konzepten wie die Radiokohlenstoff-Datierung, allerdings ohne die Verwendung von Altersgleichungen. Man misst das Verhältnis von Radiokohlenstoff (Kohlenstoff-14) in einer unbekannten Proben verglichen mit einem modernen Referenzstandard. Dieses Verhältnis wird als Prozentsatz in “pMC” (Prozent modernen Kohlenstoff) Einheiten berichtet. Wenn das analysierte Material ein Gemisch aus heutigem Radiokohlenstoff und fossilem Kohlenstoff (enthält kein Radiokohlenstoff mehr) enthält, korreliert der gewonnen pMC Wert direkt mit der Menge an Biodiesel in der Probe.

Die Kombination von fossilem Kohlenstoff mit heutigem Kohlenstoff in einem Material resultiert in einer Verdünnung des heutigen pMC Anteils. 105 pMC repräsentiert heutige Biodiesel-Materialien und 0 pMC repräsentiert Erdölderivate. Der gemessene pMC Wert für das Material spiegelt die Anteile beider Komponenten wieder. Ein Material, das zu 100% aus heutigen Sojabohnen besteht, ergibt eine Radiokohlenstoff-Signatur von 105 pMC. Wenn dieses Material mit 50% Erdölderivaten verdünnt wird, liegt die Radiokohlenstoff-Signatur bei 53 pMC.

Die ASTM D6866 Ergebnisse beinhalten Materialien, die ohne Informationen über deren Quelle zur Verfügung gestellt wurden. Diese Situation kommt sehr nah an eine reale Situation heran. Der im Bericht zitierte Mittelwert umfasst einen absoluten Bereich von 6% (plus und minus 3% auf beiden Seiten des Biodiesel Ergebnisses), um Schwankungen in den Radiokohlenstoff-Signaturen der Endkomponenten berücksichtigen zu können (eine konservative Näherung). Es wird angenommen, dass alle Materialien entweder heutigen oder fossilen Ursprungs sind und dass das gewünschte Ergebnis gleich der Menge der Biodiesel Komponente “präsent” in dem Material ist und NICHT die Menge an Biodiesel-Material, die während des Herstellungsprozesses „verwendet“ wurde. Man kann die Prozentangaben als Maximalwerte interpretieren (die konservativste Interpretation).

Offizielle ASTM D6866 Seite

Radiokohlenstoff-Datierung

Die Radiokohlenstoff-Datierung wurde erstmals im Jahre 1947 entwickelt und basiert auf der kontinuierlichen Produktion eines radioaktiven Isotops—Kohlenstoff-14 oder Radiokohlenstoff—durch kosmische Strahlen in der oberen Atmosphäre. Das Isotop verbindet sich mit Sauerstoff und bildet Kohlendioxid, welches nach unten durch die Biosphäre gefiltert wird und von Pflanzen aufgenommen wird, die wiederum von Tieren gefressen werden.

Kohlenstoff-14 geht durch den radioaktiven Zerfall kontinuierlich verloren, dies wird allerdings durch die kontinuierliche Produktion mittels kosmischer Strahlung ausgeglichen. Alle Lebewesen, Pflanzen und Tiere haben die gleiche Konzentration an Kohlenstoff-14. Allerdings wird der Kohlenstoff-14 von der Atmosphäre nicht ersetzt, wenn Pflanzen oder Tiere sterben. Der Isotopengehalt in den abgestorbenen Überresten oder Fossilien nimmt allmählich ab, bis kein Radiokohlenstoff mehr vorhanden ist. Dieser Vorgang dauert ca. 50.000 Jahre.

Die Radiokohlenstoff-Datierungsverfahren messen den Kohlenstoff-14 Gehalt in verschiedenen Materialien sehr genau und mit Hilfe der Kohlenstoff-Datierungsergebnisse kann man berechnen, wann die Pflanze oder das Tier gestorben ist. Dieses Datierungssystem ist ein unverzichtbares Werkzeug für Archäologie, Geologie und andere Geowissenschaften.

Die Radiokohlenstoff-Datierung ist ein Zweig der Physik und Kernchemie. Da die Menge an Kohlenstoff-14 sehr gering ist, sind die empfindlichsten Techniken für die Messung erforderlich. Derzeit werden hierfür zwei Verfahren verwendet, die radiometrische Datierung und die Beschleuniger-Massenspektrometrie (AMS).

Radiometrische Datierung vs. AMS

Die radiometrische Datierung misst die Strahlung, die bei der Zersetzung von Kohlenstoff-14 entsteht, während die Beschleuniger-Massenspektrometrie die Kohlenstoff-14 Konzentration in einer Probe misst. Für beide Techniken werden sehr umfangreiche Instrumente benötigt und eine komplizierte Probenaufbereitung vor der Messung.

Sowohl für die radiometrische Datierung, als auch für die Beschleuniger-Massenspektrometrie ist die Aufbereitung der Proben sehr wichtig. Die Vorgehensweisen für beide Techniken variieren stark, abhängig von der Art des zu messenden Materials. Die Vorgehensweisen beinhalten verschiedene physikalische und chemische Vorgänge, um eventuelle Fremdstoffe zu beseitigen. Die Vorbehandlungschritte für beide Techniken sind verschieden, allerdings beinhalten beide Techniken Prozesse unter Hochvakuum.

Für die radiometrische Messung werden die Proben in einem speziellen Vakuumsystem verbrannt, um Kohlendioxid zu erzeugen. Dieses wird dann mit geschmolzenem Lithium kombiniert, um Lithiumkarbid zu erzeugen. Nach dem Abkühlen wird das Lithiumkarbid mit Wasser zur Reaktion gebracht, um Acetylen zu erzeugen. Das Gas wird gereinigt und schließlich unter Verwendung eines Siliziumdioxid-Aluminiumoxid-Katalysators zu Benzol umgewandelt. Alle diese Verfahren werden in Glas-Vakuum-Systemen durchgeführt. Das Benzol besteht zu 92% aus Kohlenstoff und wird mit Szintillator-Chemikalien gemischt und in einem Flüssigszintillationszähler zur Strahlungsdetektion platziert. Im Durchschnitt bleibt die Probe für zwei Tage im Zähler, um genug Zählungen zu generieren, die für eine angemessene Statistik gebraucht werden. Sowohl moderne Standards, als auch Hintergrund-Materialien werden anschließend in den selben Zählern gemessen.

Proben für die Beschleuniger-Massenspektrometrie werden zu Kohlendioxid verbrannt, das dann gereinigt wird. Das Kohlendioxid wird dann mit Wasserstoff in einer speziellen Glas-Vakuum-Leitung zur Reaktion gebracht, um Graphit zu erhalten. Das Graphit besteht zu 100% aus Kohlenstoff und wird in Aluminium Target-Halter platziert und anschließend in einem Partikelbeschleuniger gemessen. Die Analyse dauert ca. 30 Minuten. Wie bei der radiometrischen Methode, werden auch hier anschließend moderne Standards und Hintergrund-Materialien gemessen.

Zusätzlich werden alle Proben auf das stabile Kohlenstoff-13 Isotop analysiert. Dies ist für die Anpassung der gemessenen Kohlenstoff-14 Werte essentiell. Die Kohlenstoff-13 Messung ist ein integraler Bestandteil der Radiokohlenstoff-Datierung, ist aber für die präzise Bestimmung von erneuerbaren vs. fossilen Inhalten in Gemischen nicht geeignet.

Seite zuletzt aktualisiert: April 2022